Freitag: Eine Nacht unter Kaltis

Wir können uns ausmalen was passieren wird, wenn wir heute Nacht Jack alleine auf der Mini-Koppel hier auf dem Campingplatz stehen lassen. Bevor wir also Morgenfrüh wieder hinter einem Haflinger herjagen, stellen wir ihn lieber zu den Kaltis. Dann kann er sich wenigstens ausführlich von seinem Kurschatten verabschieden.

Der Feldweg zur Weide ist in der Mitte nach oben gewölbt und Madame Rosi würde nur zu gerne da oben gehen. Das sehe ich nun aber wieder gar nicht ein und behaupte meine Position. Auch auf den letzten Metern soll sie nicht anfangen mich zu stellen. Sie akzeptiert es und geht lammfromm neben mir, selbst als ihre Herde in Sicht kommt. Der Torfboden bebt unter dem Galopp von sechzehn Kaltbluthufen.

Rosi gibt sich ganz als Grand Madame und trottet gelassen auf ihre Wiese, während die anderen Kaltblute schier ausser sich sind vor Freude, ihre Herdenchefin endlich wiederzuhaben. Ob wir Jack jetzt wirklich einfach so zu denen lassen? „Keine Sorge, die Kalten stampfen nur einmal kräftig auf, dann haben die ihren Standpunkt klar gemacht.“ Na dann…

Jack wirkt geradezu zierlich zwischen all den großen Kutschpferden. Er sucht sofort die Nähe zu Rosi und weicht ihr nicht mehr von der Seite. Mausi, eine schwarze Stute die diesen Namen nun wirklich nicht verdient hat, schmeckt das gar nicht. Sie klappt ihre Ohren soweit nach hinten, dass man sie nicht mehr sehen kann. Ob sie eifersüchtig auf Jack ist? Immer wieder versucht sie Jack von Rosi wegzutreiben. Aber der (und das überrascht uns nun doch) denkt gar nicht daran, sich auch nur einen Millimeter von Rosi zu entfernen. Ist das noch der gleiche Jack, der vor ein paar Monaten im alten Stall noch vorletzter in der Rangfolge war?

Wir schauen den Pferden noch eine Weile zu. Aber Nenny hat recht, Mausi droht nur, rempelt ein wenig, mehr macht sie nicht. Also lassen wir die Pferde alleine und gönnen uns ein Abendessen. Nenny rät uns vom Lindenhof ab: „Da sind mal Urlauber von uns hingegangen, und dann haben die da nichts bekommen, weil der einfach so aus heiterem Himmel früh Feierabend gemacht hat. Seit dem schicke ich die alle in den Apenburger Hof.“

Na gut, wir lassen uns ja gerne beraten – und werden vom Wirt im Apenburger Hof direkt wieder rauskomplimentiert: „Neee, ich hatte heute schon einen Achtzigjährigen.“ Äh… was? „Ach so… Geburtstag. Eine Geburtstagsfeier. Ich mache für heute Feierabend. Gehen Sie doch in den Lindenhof, da die Straße runter.“ Diese Geschichte glaubt uns Nenny niemals.

Und siehe da, der Lindenhof hat wirklich offen und ganz hervorragende hausgemachte Fritten und ein prima Schnitzel. Mjam. Was für einen Hunger man entwickelt, wenn man den ganzen Tag an der frischen Luft ist.

Die Nacht kommt viel zu schnell, während wir noch sitzen und die Woche noch einmal Revue passieren lassen. Was für ein Abenteuer. „Ne, is aber jut, dass wir jetzt wieder nach Hause fahren“, meint Steffi, „noch eine Woche länger, dann kannst Du mich nicht wieder in den Alltag eingliedern. Dann bleibe ick hier.“ Wo sie recht hat, hat sie recht. Was braucht man schon groß, was nicht in die Kutsche passen würde?

Einen letzten Schlenker an der Weide machen wir noch vorbei. Jack steht neben Rosi und Mausi hat wohl für den Augenblick aufgehört, deswegen herumzugiften. Na dann – Morgen geht es heim.

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